1. TEIL
Ich weiß nicht genau, wann ich geboren bin, aber schnell war ich bestimmt nicht auf der Welt. So viele Steine mussten Stunden um Stunden aufeinander gelegt werden und wachsen, um ich zu werden. Als es dann so weit war, zog eine Familie ein und lebte viele Leben darin. Ganz oben in der Dachkammer saß oft eine junge Frau und träumte vom Theater. Ein anderes Gebäude, wo Träume und Fantasien Realität werden können – ohne echten Schmerz? Diesen hatte ich nie gefühlt, wie soll es auch funktionieren, wenn ich doch nur aus Steinen bin? Fast ganze hundert Jahre tragen mein Fundament schon, doch seit längerem bin ich ganz leer. Ein Schauplatz vieler Geschichten, der nichts erzählen kann, und nun in Schutt und Asche untergeht. Wär mein Innerstes nicht mit Mörtel, sondern mit Blut gefüllt, würde es in Strömen fließen, aber so bleibt nur viel Staub, einfach weggekehrt an der Straße in Döbling.
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